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ICH WILL LEBEN

Regie: Jörg A.EGGERS
Kamera: Walter KINDLER
Drehbuch: Jörg A.EGGERS
Schauspieler: Kathina KAISER, Heinz BENNENT, Sonja SUTTER, Alwy BECKER, Klaus BARNER, Signe SEIDEL, Robert WERNER, Georg LHOTSKY, Gottfried KUMPF, Michael JANISCH, Josef FRÖHLICH, Klaus GUTH, Claudia BUTENUTH, Elisabeth EPP, Gertrud ROLL, Hans KRAEMER, S. WIESNAGROTZKI
Crew: Musik: Hans HAMMERSCHMIDT, Schnitt: Wolfgang SCHACHT/Daniela PADALEWSKI, Architekt: Rudolf SCHNEIDER-MANNS AU, Herstellungsleitung: Günther KÖPF
Jahr: 1976
Melodram (98 min.)

Eine glückliche Familie: Der Vater ist Arzt, die Mutter Schauspielerin, der Bub ungefähr 10 Jahre alt. Da passiert es: etwas was jedem von uns und jedem unserer Kinder passieren könnte. Durch einen Autounfall wird das Kind schwer verletzt und bleibt gehirngeschädigt. Der Vater als Neurologe weiß, welche Folgen und welche Chancen es geben wird. Die Mutter ist einfach - Mutter. Die inneren und äußeren Probleme beginnen, als das Kind gelähmt, stumm und einfach hilflos zum ersten Mal nach Hause kommt. Das Kind lebt nur mit den Augen und muss in jeder Hinsicht umsorgt werden, zu alldem kommt die Umwelt, die Freunde, die auf das Leid des hilflosen Einzelnen nicht eingestellt ist. Das Überqueren einer Straße mit oder ohne Rolltreppe wird zum Problem - die Konfrontation zu einer oft verständnislosen Umwelt bedrückend, und trotzdem versucht die Mutter alles, um die geringen Chancen, die das Kind hat, optimal zu nutzen, und so wird jede wiedererlernte Fähigkeit, wie einen Knopf auf und zu zumachen wie ein Ereignis gefeiert und es ist immer ein kleines Wunder, wenn das Kind wieder einen Schritt weiter macht. Zurück zu uns, die all diese schwer erlernten Fähigkeiten so selbstverständlich haben. Für die Familie wird das Kind ein Problem, da die Mutter es immer wieder der Einfachheit halber mit ins eheliche Bett nimmt. Der Vater, der den ganzen Tag mit Kranken zu tun hat, verkraftet es nicht, auch Zuhause noch einen Kranken zu haben und bricht aus. Für die Mutter hat sich die Welt verändert: sie lernt zu leben mit der ablehnenden Haltung der Umwelt gegenüber Behinderten und da sie nicht bereit ist, das Kind in ein Heim zu geben, muss sie lernen in einer Welt voller Vorurteile zu leben. Der Regisseur und Drehbuchautor Eggers verbindet in diesem 99 Minuten Spielfilm die Themen, die auch seine Dokumentationen wie einen roten Faden durchziehen. Angeregt durch zahllose Publikumsreaktionen nach dem Film über behinderte Kinder "Wir müssen alles tun...." entschloss sich der Regisseur, sich noch einmal mit dem Problem der Behinderten auseinanderzusetzen. Dass die Handlung nicht an den Haaren herbeigezogen ist, zeigt ein Fall, der unmittelbar einige Zeit nach der Fertigstellung des Filmes tatsächlich in ähnlicher Weise in Süddeutschland passiert ist. Auch hier war der Vater des Kindes Arzt. Die Möglichkeit der "mittelalterlichen" Einstellung, dass "sowas" eben nur bestimmten Leuten - sozialen, wirtschaftlichen, religiösen Outsidern passiert, war auch hier nicht anzuwenden und wie andere Untersuchungen gezeigt haben, stieg auch hier der Vater, der Arzt war, aus. Der Regisseur verzichtet noch viel mehr als in seiner Dokumentation über behinderte Heimkinder das echte, manchmal grausame Elend des täglichen Lebenskampfes eines Behinderten und seiner unmittelbaren Umgebung zu zeigen. Er verzichtet bewusst auf Passagen, die uns all zu sehr schockieren könnten. Mit viel Verantwortungsbewusst-sein um die Problematik und auch für sein Publikum bewahrt er uns vor dem Horror, vor Sensationshascherei. Was der Regisseur will, ist der Versuch, eine Brücke zu schlagen, für das Verständnis gegenüber dem Schwachen und Schwächsten in unserer Gesellschaft. Denn wenn man sich heute nicht um die Schwächsten, die Behinderten kümmert, kann es morgen soweit sein, dass sich niemand mehr um die Schwachen, die Minderheiten, die Alten und die Kinder kümmert - und ÜBERMORGEN?

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